Praxis-Tipps

Attende Domini

Meditation zum Beginn der Fastenzeit

Setze dich an einen ruhigen Ort, wo du ungestört bist. Du kannst die Augen schließen und in Gedanken nach draußen gehen. Wenn du sitzt, lege eine Hand auf deinen Bauch und spüre deine Atemzüge: ein – aus. Ein – aus. Immer länger wird das Ausatmen. Erlaube dir eine kleine Pause bis zum nächsten Einatmen. Wenn du in Gedanken unterwegs bist, nimm deine Schritte wahr, einen Fuß vor den anderen. Gehe in einem ruhigen Tempo, bei dem du ganz bei dir selbst bist.

Du hörst in deinem Inneren dieses Wort: umkehren. Forme es einmal mit den Lippen: umkehren. Nimm zwei, drei Atemzüge, geh weiter deine Schritte und spüre dem Wort nach. Stell dir vor, du müsstest jetzt umkehren. Du müsstest dich umdrehen und eine andere Richtung einschlagen. Oder genau dahin zurückgehen, wo du gerade hergekommen bist. Bist du etwa auf dem falschen Weg? Hast du dich verirrt? – Gehe weiter, spüre deine Atemzüge. Wenn du inneren Widerstand spürst, schau liebevoll auf dich. So viele Schritte bist du schon gegangen, so viel hast du schon getan. Soll das alles unwichtig gewesen sein? Nicht richtig? Du weißt, jemand lenkt deine Schritte. Umkehren kann nur, wer schon weit gegangen ist.

Attende, Domine, et miserere. – Merk auf, o Herr, und hab Erbarmen.

Viele Gedanken ziehen in deinem Inneren vorbei, wie Wolken. Vielleicht fängst du sie ein. Umkehren kann man auch Dinge: Du hast schon Kleidungsstücke auf links gedreht, damit die richtige Seite nicht beschädigt wird. „Bitte wenden“ hast du schon gehört und gelesen, damit du die andere Seite auch sehen sollst. Du hast schon Taschen umgekehrt, und heraus fielen ein paar unnütze Dinge, die du nicht mehr brauchst, vielleicht auch ein paar Krümel, und danach war alles wieder sauber. Du hast alles nach außen gekehrt, an die Oberfläche, und den Staub entfernt, den du hinterlassen hast. Die Gedanken fliegen dahin wie Wolken. Es kommen neue, und sie ziehen weiter.

Attende, Domine, et miserere. – Merk auf, o Herr, und hab Erbarmen.

Du siehst Bilder vor deinem inneren Auge. Wie du umkehren musstest und Zeit verloren hast. Wie du umgekehrt bist und jemanden zurückgelassen hast. Mit den Vorstellungen kommen Gefühle. Eine Enttäuschung, eine Verletzung, Beschämung, Schuld. Nimm das Gefühl wahr. Atme weiter tief ein und aus. Vielleicht kommen Angst und Zweifel, wenn du umkehrst. Spüre dem Gefühl nach. Gehe ruhig weiter in deinen Schritten, nimm deine Atemzüge wahr, ruhig und gleichmäßig, ein – aus, ein – aus. Schaue mit Liebe auf deine Gefühle, denn sie haben ihre Berechtigung. Es gibt jemanden, der sowieso mit Barmherzigkeit und Liebe auf dich schaut.

Attende, Domine, et miserere. – Merk auf, o Herr, und hab Erbarmen.

Du nimmst wahr, wie viel Einsicht und Demut, und zugleich wie viel Mut du zum Umkehren brauchst. Deine Gefühle sind ein Teil von dir und machen dich aus. Deine Gedanken führen dich zu neuen Zielen. Deine Schritte führen dich immer weiter. Du weißt, wo du umkehrst, bleibst du beweglich. Du kannst dich immer neu ausrichten. Du kannst selbst bestimmen, wann du umkehrst. Du brauchst nur eine Orientierung. Du weißt, es gibt jemanden, der dich begleitet und dich manchmal auch trägt. Der dich erlösen will.

Attende, Domine, et miserere. – Merk auf, o Herr, und hab Erbarmen.

Lenke deine Sinne auf deinen Weg, der vor dir liegt. Nimm deine Atemzüge wahr, ruhig und gleichmäßig. Richte deinen Blick auf das, was dir ins Auge fällt. Nimm die Geräusche in deiner Umgebung wahr. Spüre deine Kraft in deinem Körper und richte deine Aufmerksamkeit auf die Bewegung, die du nun machst. Vielleicht kannst du nach Osten schauen, in den „oriens“, den Ursprung mit der aufgehenden Sonne. Du weißt, du kannst umkehren, jederzeit. Und wirst doch vorankommen. Du kannst mit Christus den Weg der Erlösung gehen.

Attende, Domine, et miserere. – Merk auf, o Herr, und hab Erbarmen.

Lioba Faust
aus: Liturgie konkret 03/2025

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